Rückblick auf ein turbulentes Jahr 2019

Hallo meine Lieben, nun ist das Jahr 2019 schon zu Ende, ich bin gerade wieder in good old Germany und muss Euch dringend von den vielen Erfolgen und auch von den nicht so schönen Dingen berichten, die im letzten Jahr geschehen sind.

Für mich persönlich war es ein sehr turbulentes, erfolgreiches aber auch trauriges Jahr.

Ich setze alle Hoffnung in ein ruhigeres Jahr 2020.

Aber der Reihe nach :

Nachdem wir ja u.a. mit der großzügigen Spende des Berufskolleg Technik aus Siegen (es wurde ausführlich berichtet) in 2018 das zweite Gebäude der Tagesstätte Oswathini fertigstellen konnten, besuchen jetzt 74 Waisenkinder im Alter von 6 Monaten bis 6 Jahren täglich zwischen 7 und 16.30 Uhr diese Einrichtung. Fünf von uns ausgebildete Betreuerinnen sorgen sich liebevoll um die Kinder. Margret, Zandile und Lundie als Lehrerinnen, Mabel und Khohle für die ganz Kleinen – denn natürlich gehört auch Windelwechsel und Mittagsruhe dazu. Außerdem haben wir Joys in der Küche, die für ein gutes Frühstück und eine warme Mittags-Mahlzeit sorgt, so dass die Kinder gestärkt für den Tag sind.

Da die 6 fleißigen Helferinnen von uns bezahlt werden, haben wir ihnen echte Arbeitsplätze geschaffen, wofür sie natürlich sehr dankbar sind. Auch zwei ältere arbeitslose Männer bekommen von uns einen Benzin-Zuschuss: Sie sorgen mit ihren alten Autos dafür, dass auch die entfernt wohnenden Kinder sicher zur Schule und nach Hause kommen. Denn im letzten halben Jahr sind immer wieder Kinder „verschwunden“. Das ist sehr traurig und verlangt Umsicht und Vorsicht. Aus unserer Tagesstätte ist – Gott sei Dank – noch niemand abhanden gekommen. Öfters kommt es auch vor, dass ich selbst bis zu 25 Kinder in mein Auto packe und transportiere. Fragt bitte nicht nach Kindersitz- und Anschnallpflicht – that’s Africa!

So, und für viele dieser Kinder haben wir im Februar 2019 angefangen, eine Schule zu bauen – ganz in der Nähe dieser Tagesstätte. Das ist natürlich ein großes, aufwändiges Projekt, und es wurde nur möglich, weil die Hauptschule Rudersdorf im Januar eine großzügige Spende zugunsten EKUKHANYENI gemacht hat. Die Direktorin dieser Schule, Frau Hein, sprach mich im Januar 2019 an (siehe auch Bericht in der WDR-Lokalzeit), weil sie in ihrer Schule durch Sponsorenläufe von 3 Jahren Geld gesammelt hatten. Die Schüler hatten sich so viel Mühe gegeben und insgesamt fast 5.300 Euro gesammelt. Es war Frau Hein ganz wichtig, dass es auch zu 100 % dort eingesetzt wird, wo es dringend gebraucht wird. Mein Plan ist nun, die beiden Schulen als „Partnerschulen“ zu verbinden.

Doch wie baut man in Afrika eine Schule? Hier bin ich zum Glück auf ein sehr nettes schwarzes Lehrer-Ehepaar gestoßen, die den Traum hatten, eine eigene kleine Privatschule zu bauen. Als ihre 2 Töchter, jetzt 16 und 14 Jahre alt, in die staatliche Schule kamen, stellten sie fest, wie wenig effizient viele von denen arbeiten. Wenn es beispielsweise zu heiß oder zu kalt ist, oder wenn es regnet, kommen die Lehrer oft nicht und die Kinder sind dann die bis zu 2 Stunden Fußmarsch zur Schule umsonst gelaufen. Oder Kinder werden nach Hause geschickt, wenn sie sich keine Uniform leisten können etc…

Mr. und Mrs. Nene haben dann selbst die Initiative ergriffen und in einem sehr alten maroden Schulgebäude, wo sie noch Miete an die Kirche zahlen müssen, angefangen zu unterrichten: 100 Kinder zwischen 6 und 13 Jahren, 7 Schuljahre und 7 Lehrer – alle in einem einzigen Klassenraum. Es ist für uns unvorstellbar, aber es funktioniert tatsächlich. Sie versuchen, den Kindern die beste Grundlage für die Zukunft zu geben. Jedes Kind muss dabei im Jahr 1.600 Rand zahlen – das sind rund 110 Euro. Davon werden Löhne und Schulmaterial finanziert. Wenn einmal ein paar Cent übrig geblieben sind, haben sie einen Stein gekauft und auf einem nahen Grundstück, das ihnen persönlich gehört, angefangen zu bauen. Das heißt: 3 Reihen Steine gesetzt, ohne Estrich und ohne Fundamente…

Ende letzten Jahres sprachen sie mich zum wiederholten Male an, ihre Schule doch mal zu besuchen. Da von unserer Betreuerin Zandile die Zwillinge, die ersten Schulkinder aus unserer Tagesstätte, dort eingeschult werden sollten, war das mein Anlass zur Besichtigung. Sofort war ich von der großartigen Idee und der Initiative des Lehrer-Ehepaares begeistert. Natürlich hatten sie auf Unterstützung von mir gehofft. Aber ich habe keine Versprechungen gemacht, da das mein Budget bei weitem überschritten hätte. Erst nachdem ich im Januar die Spende der Rudersdorfer Hauptschule bekam, war klar für mich, dass es so sein sollte. Ihr kennt mein Motto : „Bildung ist der sicherste Weg aus der Armut!“

Wir haben nun ein Schulgebäude mit 3 Klassenzimmern gebaut, innen und aussen verputzt, Estrich, Fenster mit Gittern, Türen und mit ordentlichem Dach. Nun fehlt nur noch der Anstrich, außerdem das gesamte Inventar wie Tische, Stühle, Regale etc. Sehr wichtig sind noch Toiletten und eine Umzäunung des Grundstücks, da ab und zu Kühe und Ziegen den Unterricht stören. Danach machen wir uns noch Gedanken um einen Stromanschluss.

Wir sind froh, dass wir es schon so weit gebracht haben, aber wir brauchen weiterhin dringend wieder Spenden. Es muß ja alles bezahlt werden, ich kann die Menschen ja jetzt nicht hängen lassen. Und unsere anderen Projekte und Kindertagesstätten sollen ja auch weiterlaufen!

Im Sommer (Winter in SA) haben wir ein Sportfest veranstaltet, wo die Kinder gelaufen sind, als Dank für die Kinder in der deutschen Schule. Nur ohne Geld oder Sponsoren natürlich. Aber sie hatten viel Spaß. Sogar Fußball (Soccer) haben sie gespielt, obwohl Südafrika eigentlich ein Rugby-Land ist – hier sind sie sogar Weltmeister. Damit man die Mannschaften überhaupt auseinanderhalten konnte, habe ich 11 T-Shirt-Trikots spendiert. Ihr könnt euch die Begeisterung nicht vorstellen.

Der Höhepunkt war dann der 21. November, als sich ein Kamerateam von einem Kreuzfahrtschiff MS angemeldet hat. Das Schiff lag nur einen Tag im Hafen von Durban. Ein Kölner Ehepaar, das als Passagiere auf dem Schiff war, hatte mich im Internet gefunden und sich gewünscht, meine Projekte zu sehen und mich kennenzulernen. Es wurde in der Tagesstätte Oswathini und in der Schule gedreht. Es war ein sehr aufregender Tag für uns alle, besonders für die Kinder, wenn da 7 weiße Menschen mit einer riesigen Kamera und Mikrofonen stundenlang herumwuseln. Schließlich kommt das Fernsehen nicht jeden Tag… Sie haben gesungen und getanzt, ihre beste Kleidung angelegt und viele kamen sogar in Zulu-Tracht. Der Beitrag wird dann 2020 im deutschen Fernsehen in der Sendung „Verrückt nach Meer“ ausgestrahlt. Der Sendetermin wird uns hoffentlich rechtzeitig mitgeteilt. Ich verspreche mir natürlich einige neue, spendende Kontakte dadurch…

Als Geschenk brachte das Team 24 Tischplatten für die Schultische mit, was uns wieder ein gutes Stück weitergebracht hat. Es findet übrigens schon in den kahlen Räumen auf Plastikstühlen Unterricht statt!

Dann gibt es ja noch unsere Tagesstätte KUYASA, rund 50 km entfernt in die andere Richtung, in einer sehr einsamen Gegend. Dort sind zur Zeit rund 20 Kinder, die liebevoll von Someni Zibula betreut werden. Eine zweite Frau ist in der Küche und sorgt für das Mittagessen. Auch hier besorge ich alle Lebensmittel aber Someni bekommt kein Gehalt, da sie als Rentnerin jetzt eine kleine Rente bezieht. Dafür zahle ich das Studium ihrer beiden Töchter Andile (Landwirtin) und Zinhle (Lehrerin). Darüber ist sie sehr glücklich, gibt dies doch eine positive Perspektive auf eine bessere Zukunft ihrer Kinder. Ihr Sohn hat durch uns seinen Führerschein machen können und verdient, seit einiger Zeit schon, seinen Lebensunterhalt als Securityman in Durban.

Die durch uns gegründeten Tagesstätten QUQUMA und NDUNDWENI sind mittlerweile überwiegend erfolgreich von der Regierung übernommen worden. Dort schau ich nur noch ab und an nach dem Rechten und helfe aus, wenn Lebensmittel mal wieder nicht angekommen sind und ich um Hilfe gebeten wurde. Es ist gut so, dadurch habe ich wieder Kapazitäten für andere Projekte frei.

Last but not least sind da noch unsere Studenten. Das sind junge Menschen, alles Waisen, die trotz aller widrigen Umstände die Highschool sehr gut abgeschlossen haben. Da sie aber in ärmlichen Verhältnissen und in einsamen Gebieten leben, können sie noch nicht mal einen Beruf ausüben, da das Geld schon für die Transportkosten fehlt. Von Mietkosten, Lebensmitteln oder Studiengebühren ganz zu schweigen. Auch diese jungen Menschen werden von uns unterstützt, was natürlich ein großer Kostenfaktor für uns ist. Aber ich kann so schlecht „nein“ sagen, wenn sie mich ansprechen und ich den Satz höre: „Kann ich auch Mom zu Dir sagen? Du bist die einzige Mutter, die ich je hatte.“ Diese Studenten oder Lehrlinge schauen so hoffnungsvoll in eine Zukunft ohne Armut. Jedoch ich kann nicht allen helfen, schließlich müssen sie 3 bis 4 Jahre unterstützt werden, bis sie hoffentlich einen guten und bezahlten Arbeitsplatz finden… Bevorzugt studieren sie auf Lehramt, Krankenschwester oder Landwirte. Also Berufe, die eine Zukunft haben und in denen immer Nachwuchs gesucht wird.

Soweit erstmal, damit ihr wieder auf dem Laufenden seid!

Herzliche Grüße

Eure Helga