Zurück in Südafrika

Meine Ankunft in Südafrika liegt nun schon 4 Wochen zurück. Eine Freundin holte mich am Flughafen ab und fuhr mich zu meinem Auto nach Harburg. Ich setzte mich rein und drehte den Schlüssel – nichts. Da es schon weit nach Mitternacht war, und zu spät um jemanden nach einem Überbrückungskabel zu fragen, hab ich meine erste Nacht in einem ausgeräumten Haus geschlafen. Der schwere Sturm vom 6. Januar hatte es beschädigt – die Hälfte der Pfannen vom Dach gerissen, Decken und Möbel mittlerweile vom Regen durchnässt. Die Besitzerin selbst lebt noch im Schlafzimmer mit Bad, die einzigen Räume, die verschont blieben.

Am 6. Februar bin ich dann in mein möbliertes Zimmer eingezogen und gleich am nächsten Tag zu meinen Creches gefahren. Ich war so gespannt, wie sie meine Abwesenheit überlebt hatten …

In Creche 1 (Ekukhanyeni Ndundweni) dann gleich die schlechte Nachricht: Eine der Betreuerinnen war abgehauen – gerade die, die mit Kindern sehr gut konnte. Die zweite Betreuerin ist nun mit den rund 20 Kindern, die täglich kommen, total überfordert. Hinzu kommt, das jetzt auch noch 2 Kleinstkinder von 7 und 11 Monaten gebracht werden. Ich habe sofort ein Gehfrei gekauft, damit man die Babys nicht ständig tragen muss, was es einfach unmöglich macht, sich gleichzeitig um die anderen zu kümmern.

Es herrschte schon ein ziemliches Chaos – Spielzeug, Puzzles, Bücher etc. waren total verdreckt. So hatte ich den Kindern im Oktober z.B. noch eine schöne Puppe, nett angezogen, mit Schlafaugen, geschenkt – ihr fehlten nun Arme und Beine, die Augen hatte man eingedrückt um zu sehen, wie sie funktionieren, und die Haare standen in alle Himmelsrichtungen.

Da am 16. Januar das neue Schuljahr begonnen hat, kommen einige der älteren Kinder nicht mehr, dafür aber ein paar neue Kleinkinder.

In Creche 2 (Ekukhanyeni Kuyasa) war soweit alles in Ordnung. Nachdem ich letztes Jahr mit dem Zulu-Häuptling dieser Gegend mal über die Möglichkeit gesprochen hatte, einen Stromanschluss für den Creche zu bekommen, hat uns Escom, der staatliche Energieversorger, nun sogar für Februar Strom versprochen! Die Frage ist nur Februar welches Jahres 😉

Ich habe vor, alle Kinder in meinen Creches auf AID bzw. HIV testen zu lassen. Dazu habe ich auch schon mit einer „mobil clinic“ gesprochen, brauche nun nur noch die Erlaubnis der Familien, in denen die Kinder untergekommen sind. Anlass für diese Aktion ist ein Unfall, der sich vor ein paar Wochen ereignet hat. Ein Kind war von einer Schaukel gefallen und hat stark aus einer Kopfwunde geblutet. Eine Betreuerin kam sofort herbeigelaufen und hat dem Kind geholfen. Sie hatte sich allerdings kurz vorher beim Zubereiten des Essens in den Finger geschnitten. Nun bangt sie, ob sie sich infiziert hat oder nicht – und nimmt vorsorglich Medizin. In solchen Augenblicken vergisst man leider Handschuhe …

Ein ganz anderes Erlebnis hat mich letzte Woche etwas aus der Bahn geworfen: Die Kriminalität hat mich hautnah erwischt, bzw. ich war diesmal sehr nah dran … Eine Freundin von mir, die einen Country Club führt, ist überfallen worden. Ihr Mann wurde angeschossen, durch den Arm in die Lunge, der Hund erschossen und meine Freundin selbst gefesselt und geknebelt. Die Männer drohten, sie auch umzubringen, wenn sie nicht den Safe-Schlüssel herrausgibt. Sie wurde in einen Schrank gesperrt, aus dem sie sich später befreien und dann die Polizei anrufen konnte. Die Räuber wollten nur Geld, kein Auto oder ähnliches. Sie wussten wohl, dass sie abends ihre Tageseinnahme in bar mit nach Hause nimmt. Ihre Kinder waren Gott sei dank an diesem Wochenende nicht zu Hause.

Ja, das ist auch Südafrika … Wer Angst hat, hat hier nichts zu suchen. Aber es ermahnt mich doch, ein wenig umsichtiger und vorsichtiger zu sein, denn ich bin oft sehr vertrauenswürdig. Heute morgen sagte mir noch jemand: „Von uns allen lebst du eigentlich am gefährlichsten.“ Ich sehe es nicht ganz so, schließlich will ich nur Gutes tun und trage nie viel Geld mit mir herum. Warum sollte man mich überfallen? Vielleicht wegen des Autos, aber auch das ist alt und würde jeder erkennen. Die Lebensmittel, die ich immer im Kofferraum habe, dürfen sie gerne haben…

1 Kommentar

  1. hallo helga,
    das hört sich heftig an. kriminalität in südafrika, wenn man sie so nah mitbekommt, ist nochmal anders, als gehörtes und erzähltes.
    du klingst allerdings nicht, als wenn dir das etwas anhaben könnte.
    ich hoffe, du hast die verlängerung deines visums bekommen ab april und kannst im sommer anfangen, an dem neuen kindergarten zu planen oder schon zu bauen.
    ich habe seit februar einen job in der schulassistenz bekommen (gemeinschaftsschule burbach). betreue ein geistigbehindertes mädchen in einer regelschule mit herausforderndem verhalten, wie das so schön heißt. einen löwen zu zähmen ist vielleicht manchmal ähnlich….:) es macht spaß und ich könnte in diesem jahr nur in den sommerferien kommen. was ich aber nicht will wegen des klimas und meinem rheuma. hoffe, demnächst medikamentös eingestellt zu werden, der winter war in diesem jahr zu feucht und kühl, als dass ich das im sommer nochmal haben müßte, wenn es bei uns warm ist.
    falls du im nächsten jahr interesse hast an mir als praktikantin, würde ich versuchen, im mai/juni freizubekommen. (vielleicht als unbezahlten urlaub, langfristig geplant geht da einiges schätze ich. )
    falls du aber lieber garkeine praktikannten mehr willst, bzw. mich nicht, ist das auch o.k. ehrlichkeit finde ich wichtig, und man muß ja vier wochen klarkommen zusammen.
    und klar: versprechen könnte ich nicht, dass ich zwischendrin nicht mal angst bekäme, bei unbekannten, großen spinnen o.ä.
    angst halte ich, wenn sie hand und fuß hat, für etwas nützliches, manchmal unentbehrlich, und schützend.
    jemand, der nie angst hat, ist mir etwas unheimlich.

    ich meine nur, dass einen die angst nicht davon abhalten darf, dinge zu tun, die einem wichtig sind. wenn sie gut sind und sinn machen.

    so, jetzt muß ich ins bett.

    ich bewundere deine beharrlichkeit, bete für dich, dass du genug mut und kraft bekommst, jeden tag behütet durch deine afrikatage zu gehen, bzw. zu fahren, und dabei, trotz viel arbeit, spaß zu haben!

    und ich beneide dich (ein bißchen) um die kontakte zu so vielen, unglaublich starken kindern, die so lebensbejahend dreinschauen, obwohl sie arm sind. oder vielleicht gerade deswegen? keine ahnung.

    viele liebe grüße also von claudia

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